Der Patenbrief ist ein gutes Beispiel dafür, dass Faltformen gleichzeitig oder unabhängig voneinander zu verschiedenen Zeiten entwickelt werden. Diese Faltform ist mir bei der Recherche zu alten Faltungen gleich zweimal begegnet und bei den neueren Faltungen wird sie oft einfach nur „Briefumschlag“ genannt.

Menko

Auf der Seite Origami Heaven hat David Mitchell sie „Menko“ genannt und als Teil der ersten modularen Faltung bezeichnet. Sechs „Menko“ ergeben, geschickt ineinander gesteckt, ein Tematebako, einen Würfel, der in dem japanischen Buch „Ranma Zushiki“ von Hayato Ohoka aus dem Jahr 1734 vorgestellt wird. In dem Buch gibt es eine Zeichnung mit gefalteten Figuren, einem Buch, einem Kranich, dem Yakko(san) und ein Würfel. Der Würfel konnte anhand der verschiedenen Perspektiven als „Tematebako“, „Tamatebako“ oder „Magic Treasure Chest“ identifiziert werden. In dem Artikel über das Tematebako wird darauf hingewiesen, dass die Seiten des Würfels zusammengeklebt werden, ich habe ihn gefaltet, aber auf Klebstoff verzichtet. Dadurch ist er natürlich nicht so stabil, finde ihn aber nicht so schön und bleibe lieber bei dem Sonobe-Würfel.

Patenbrief

Auf der Seite Origami-Kunst wird darauf verwiesen, dass es sich bei der Faltfigur, die eindeutig mit dem Menko identisch ist, um eine „Twistfaltung“ aus dem Jahr 1831 stammt. Anscheinend, so die Info auf der Seite, wurden Taufbriefe von Anfang des 18. Jahrhunderts bis ins 19. Jahrhundert auf diese Weise gefaltet. David Lister setzt den Anfang der Patenbriefe in Deutschland noch früher an, ob diese allerdings wie das „Menko“ gefaltet werden, ist in dem Artikel nicht klar geworden, ein Patenbrief, der seit ein paar Jahren bei Abebooks angeboten wird, sieht zumindest anders gefaltet aus.

Geheimbrief

Jetzt (01.07.2022) ist mir bei der Durchsicht eines Faltbuches aus dem Jahr 1964 noch eine andere Bezeichnung begegnet. Klemens Albert nennt das identisch gefaltete Modell „Geheimbrief“. Ich bin gespannt, welche Namen mir noch begegnen.

Menko oder Patenbrief falten

Das Knifflige an dieser Faltfigur ist, dass man das quadratische Blatt nicht halbiert und viertelt, sondern drittelt. Ich mache das immer Pi mal Daumen, wer anfängt sollte das Drittel des Papieres ausrechnen und anzeichnen, dann sieht das Ergebnis schöner aus.

  1. Das quadratische Papier gedrittelt teilen.
  2. Das Ergebnis öffnen, das Papier um 45 Grad drehen und erneut gedrittelt teilen.
  3. Das Ergebnis öffnen und beide Diagonalen falten.
  4. Nun kann man innen schon den „Boden“ der Faltfigur sehen und es wird knifflig. Man muss nach und nach die zur Seite stehenden Flügel herunterdrücken, bis das Ergebnis wie ein Windrad absteht.
  5. Zum Schluss werden die Flügel der Reihe nach in die Mitte geklappt, der letzte Flügel wird unter den ersten Flügel geschoben, so geht er Brief nicht mehr auf.

Nachtrag vom 2. April 2021: Gerade habe ich gesehen, dass dieses Modell auf einer Seite über „Traditionelle Origami“ geöffnet als „Nähmäppchen“ und geschlossen als „Sitzkissen“ bezeichnet wird.

Nachtrag vom 6. Februar 2022: Hier ist ein Beispiel für einen Patenbrief, der allerdings wohl anders gefaltet wird, aber ich dachte mir, ich sammle alles hier, was mir zu dem Thema begegnet.