Wenn ich in den letzten Jahren nach historischen Hintergründen zum Papierfalten recherchiert habe, begegnete mir immer wieder die Ausstellung „Gefaltete Schönheit“ von Joan Sallas. Mal im Wiener Hofmobiliendepot, mal im Metropolitan Museum in New York – die Ausstellung war immer zu weit weg oder schon vorbei, wenn ich sie entdeckte. Aber jetzt habe ich es geschafft und bin so froh, dass ich den kleinen Umweg gemacht habe. Die Faltungen sind phänomenal und sie fügen sich hervorragend in die Räume im Schloss Schwetzingen ein. Solltet ihr in der Nähe von Schwetzingen wohnen, fahrt hin, die Werke sind noch bis zum 4. November 2018 im Schloss zu sehen. (Wichtig: Unbedingt die große Schlossführung buchen, damit ihr alles sehen könnt!)

Gefaltete Schönheit

Joan Sallas, der sich selbst als Falter bezeichnet, stapelt damit sehr tief. Er erforscht seit Jahren die Geschichte des Faltens und hat – eine Wahnsinnsarbeit! – Serviettenfaltungen aus den vergangenen Jahrhunderten nachgefaltet. Die Ergebnisse sind so beeindruckend. In der Ausstellung sind sowohl Skulpturen, die nach einem immer gleichen Faltprinzip entstehen, und Mundtücher zu sehen.

Beides ist gleichermaßen faszinierend – die Mundtuch-Faltungen werde ich versuchen mit Papier nachzufalten 🙂 – aber für die Skulpturen fehlt mir die Zeit. Der Künstler muss Wochen und Monate dafür gebraucht haben. Aber das Schwierigste war sicher, aus den alten Büchern über „Serviettenbrechen“, wie Handwerk und Kunst genannt wurden, die richtigen Faltschritte herauszuarbeiten. Ich habe selbst das PDF eines der ältesten Bücher – mit tollen Schwarzweißgrafiken, die nur wenig über die Arbeit er Faltung verraten. Eigentlich kann man über die Ausstellung nichts schreiben, man muss sie sehen. Ich habe mit Erlaubnis der Schlossverwaltung ein paar Fotos gemacht und zeige sie euch hier. Sobald ich das Buch von Joan Sallas samt DVD, die ich natürlich kaufen musste :-), durcharbeite, werde ich ins Detail gehen – der Mundtücher, von den Skulpturen lasse ich die Finger. Obwohl manche Faltung, die ich im letzten Jahr in dem Bauhaus-Vorkurs mit Eric Gjerde ähnliche Prinzipien gelernt habe, na, mal sehen.

Erst einmal lasse ich euch teilhaben, an den spannenden Informationen, die ich bei der Führung bekommen habe. Zum Beispiel, dass Serviettenbrechen an der Universität studiert wurde! Die einfachen Faltungen der Mundtücher bekam sicher auch das Hauspersonal hin – manche der Faltungen erinnern an heutige Origami- oder Fröbel-Figuren.

Aber die dekorativen Skulpturen verlangten dem Falter schon einiges ab. Nicht nur die Faltungen, auch die Berechnung des Materials, der Entwurf der Figuren. Wenn ein Ehrengast kam, wurde zum Beispiel sein Wappen gefaltet und große Serviettenskulpturen auf dem Tisch oder im Raum gehörten zum guten Ton bei Hofe. Fasziniert hat mich, das konnte ich aber nicht alles notieren, dass jeder seine eigene Serviettenfaltung bei Tisch hatte. Die von Napoleon erinnerte mich sehr an eine Faltung aus dem Bauhaus-Workshop im letzten Jahr! Der Papst bekam seine Serviette in Form einer Tiara gefaltet und auch sonst waren die Servietten sehr dekorativ. Manchmal zweideutig, quasi erotisches Serviettenbrechen 🙂 Davon habe ich kein Foto, weil ich mit meiner Kamera ohnehin schon die ganze Führung aufgehalten habe 🙂 Aber ich bleibe am Ball. Der Winter ist ja eine gute Faltjahreszeit 🙂 Und vielleicht gelingt es mir ja sogar, im nächsten Jahr den Künstler zu treffen. Bei Facebook habe ich gesehen, dass er in Weimar lebt, das ist ja gleich bei Gotha, wo ich als Stadtschreiberin 2019 zeitweise leben werde 🙂 Ich werde berichten. Aber vorher komme ich sicher noch mit dem einen oder anderen Nachfaltergebnis.

Napoleons Serviette …

… mein Versuch im letzten Jahr. Naja, das ist eine andere Perspektive! 🙂

P.S. Obwohl ich zehn Jahre in Baden-Württemberg gelebt habe, war ich nie vorher im Schloss Schwetzingen. Ich bin wegen der Servietten hin und werde ganz sicher noch einmal wegen des Schlosses hinfahren!

Für euch die Daten: „Gefaltete Schönheit. Die Kunst des Serviettenbrechens“. Die Ausstellung ist bis zum 4. November anzuschauen, immer nur im Rahmen einer Führung, die aber die ganze Woche angeboten wird.

Nachtrag: Die Ausstellung wird vom 14. November 2018 bis zum 3. Februar 2019 im Schloss Bruchsal zu sehen sein!

Links zur Ausstellung