Nachdem ich von verschiedenen Seiten vor einigen Wochen plötzlich wieder auf Friedrich Fröbel aufmerksam wurde, habe ich eine Reise mit einem Besuch im Friedrich-Fröbel-Museum in Bad Blankenburg verbunden. Am meisten haben mich da – man ahnt es schon angesichts meiner Lieblingsfaltbilder 🙂 – die Faltmuster aus der Zeit Fröbels interessiert. Doch dann hat mich die Ausstellung in ihren Bann gezogen, weil mir die Lebensgeschichte Fröbels auch nicht mehr so vertraut war. Zwar habe ich meine Diplom-Prüfung über ihn abgelegt, aber doch eher sein Werk betrachtet und selbst davon habe ich einiges vergessen, wie ich bei einem kleinen Privatkurs am Ende meines Besuches feststellte.

Friedrich Fröbel – Leben und Werk

Auf einen Teil der Geschichte Fröbels bin ich schon in diesem Beitrag über den Fröbel-Vortrag auf der Creativa eingegangen. In Bad Blankenburg werden auch seine Kindheit bei Onkel und Vater, seine Lehrer als Forst-Geometer und seine ersten Studienversuche in Jena mit Bildern, Exponaten und Textauszügen dokumentiert. Die haben mich ebenso wenig interessiert wie seine Tätigkeit als Assistent am Mineralogischen Institut der Universität Berlin, auch wenn mich die Kristalle, die zu sehen waren, durchaus beeindruckt haben. Ich war vor allem neugierig auf seine pädagogische Laufbahn, deren Höhepunkt die Gründung des ersten Kindergartens bildete, der sich in genau jenem Haus befand, in dem heute das Museum untergebracht ist.

Friedrich Fröbel, der von 1782 bis 1852 lebte, hat einen Teil seiner pädagogischen Einsichten in der Praxis erworben, als er die Söhne seiner Brüder unterrichtete und an anderer Stelle als Hauslehrer tätig war. Und er kannte Johann Heinrich Pestalozzi, der noch heute als einer der wichtigsten Schul- und Bildungsreformer gilt, vieles, was der Schweizer vertreten hat, hat noch heute Gültigkeit und viele Reformpädagogen haben sich später auf seine Gedanken berufen. Diesen Mann also hat Friedrich Fröbel kennengelernt und in seiner Arbeit mit jungen Menschen beobachtet. Unter anderem hat er ihn mehrmals in Iferten besucht und war Lehrer an der Pestalozzi-Musterschule in Frankfurt.

1816 gründete Fröbel schließlich seine erste pädagogische Einrichtung, die „Allgemeine deutsche Erziehungsanstalt“ in Griesheim, schon 1817 wurde sie nach Keilhau verlegt, wo sie sich anfangs gut entwickelte. Dann jedoch gab es politische Kritik, weil sich Burschenschaftler in der Einrichtung aufhielten und Keilhau als „Demagogennest“ diskreditiert wurde. Fröbel ließ sich davon nicht verdrießen, er suchte den Kontakt zum Herzog von Meiningen, um eine Einheitsschule zu gründen, allerdings scheitert dieser Plan. 1833 wurde die Erziehungsanstalt nach Willisau verlegt und nun hielt Fröbel in den „Grundzügen der Menschenerziehung“ fest, was Erziehung seiner meiner nach ausmacht.

1837 zog er dann nach Bad Blankenburg, wo er eine Erziehungseinrichtung aufbaute, deren häufige Namenswechsel zeigen, dass er sich noch nicht sicher war, in welche Richtung sein Institut sich entwickeln sollte. Anfangs hieß es „Autodidaktische Anstalt“, dann „Anstalt zur Pflege des Beschäftigungstriebes der Kindheit und Jugend“, bis die Einrichtung am Ende mit der Bezeichnung „Kindergarten“ ihren endgültigen Namen erhielt, der es als eines der wenigen Wörter aus dem deutschsprachigen Raum in den Wortschatz nahezu der ganzen Welt gebracht hat. Der weg dorthin war nicht immer leicht und heute wird seine Lehre kaum noch in der Ausbildung von Erziehenden vermittelt – zumindest in seinem Herkunftsland, in anderen Ländern wird sein pädagogischer Ansatz weiterhin hochgehalten.

Papier falten bei Friedrich Fröbel

Dieser Ansatz ist in Gänze gesehen auch nicht leicht zu verstehen und umzusetzen. Für Fröbel waren „Spielgaben“ Mittel, um Kindern die Welt nahezubringen und ihnen zu zeigen, dass erst aus der Vielfalt etwas Großes entstehen kann und etwas Großes sich in viele kleine Einheiten aufteilen kann. Auch war ihm wichtig, dass die Erziehenden einerseits ihre Handlungen sprachlich begleiten, aber gleichzeitig auch den Kindern den größtmöglichen Raum geben, um die Welt zu entdecken. Man ahnt schon, dass das heute leichter gesagt ist, als getan. Obwohl m. E. der neue Trend der „alltagsorientierten“ Sprachförderung schon sehr nah an Fröbels Ansatz ist, ohne dass es je erwähnt wird. Auch bieten sich die grundlegenden Spielmaterialien, für deren Überlieferung er letztlich gesorgt hat, nach wie vor an, um die Grundfähigkeiten der Kinder, die man heute auch gerne Vorläuferfähigkeiten für den Schulbesuch nennt, zu fördern.

Obwohl ich mich in den letzten Wochen und Monaten intensiv mit dem Thema Falten beschäftigt habe, war ich zum Beispiel überrascht, welche Modelle sich im Museum befanden, die ich bisher noch nicht gesehen hatte. Auch war mir nicht klar, dass zum Beispiel das Nähen auf Papier in Fröbels Gedanken eine Rolle spielte. Erst kürzlich habe ich mich mit einer Schneiderin darüber unterhalten haben, wann und wie wir nähen gelernt haben. Jetzt weiß ich es wieder, im Kindergarten, als wir ein Muster zunächst geprickelt, also mit einer Nadel ins Papier gestochen haben und danach durch die Löcher genäht haben. Ich hatte eben das Glück, einen Kindergarten zu besuchen, in dem Fröbels Ansatz sehr gut umgesetzt wurde und bin noch heute manchmal verblüfft, welche meiner Fertigkeiten bereits vor der Einschulung entwickelt wurden.

In dem Museum wird der beschriebene Lebensweg mit Bildern, Exponaten und Texten dokumentiert und es gibt viele Muster aus der praktischen Arbeit. Was ich dazu interessant fand, war zum einen die internationale Rezeption seines Werkes und zum anderen die Vorstellung von Weggefährten aus Fröbels Leben oder auch von Menschen, die sich später für die Verbreitung seiner Gedanken eingesetzt haben. Daher weiß ich nun auch, wer wann und wo den ersten Kindergarten in Westfalen eröffnet hat. Gar nicht weit weg von hier, in Lünen nämlich, 1847. Fröbel persönlich hatte die 21-jährige Marie Christ als Kindergärtnerin ausgewählt. Der Kindergarten existierte jedoch nicht lange, unter anderem, weil in Preußen ein Kindergartenverbot verhängt wurde. Nachdem das aufgehoben war, fand sich ausgerechnet in Lünen niemand, der die Idee fortführen wollte. Ich bin jedenfalls froh, dass ich den Abstecher gemacht habe, der mich zugleich durch den Thüringer Wald am Rennsteig entlang geführt hat. Wer in der Nähe ist und sich für einen deutschen Exportschlager besonderer Art interessiert, sollte den Besuch einplanen. © Dr. Birgit Ebbert www.papierzen.de