Ok, ich habe es noch nicht geschafft, das Buch-Buch von Martin Schwarz ganz zu lesen, weil ich einfach keine Zeit habe und meine Lesezeit gerade mit Recherche-Literatur fülle. Aber ich habe es sicher bereits zehnmal durchgeblättert und dabei auf jeder Seite so lange verweilt, dass ich sie auch hätte lesen „. Das Buch ist einfach ein Muss für jeden Buch-Freak und ich frage mich, wieso ich das solange nicht wahrgenommen habe. Nun gut, der Ausstellungskatalog, den ich kürzlich wiederfand und der mich überhaupt erst zu dem Buch brachte, war auch eine Augenweide. Augenweide, ich wusste gar nicht, dass das Wort zu meinem aktiven Wortschatz gehört. Aber es passt zu dem Buch, denn meine Augen schauen die Seiten an und ich entspanne mich wie beim Anblick einer grünen Wiese.

Schon wenn man das Buch aufklappt, begrüßt einen ein Mensch, der liest, umgeben von lauter Büchern und Häusern und Häuserbüchern und Bücherhäusern. Der Titelseite folgen dann sofort zwei Buch-Kunstwerke, ein Objekt und ein Bild und so geht es gerade weiter. Unglaublich, wie viele unterschiedliche Situationen mit Büchern sich der Künstler ausgedacht hat. Da gibt es den „Buchschirm“ und das „Buchtischchen“, das „Schreibmaschinenbuch“ und das Rosenbuch, das der Künstler „Pointilistisches Buch“ nennt. Jetzt habe ich schon wieder ein neues entdeckt, die „Hommage an den Schlusspunkt“.

Begonnen hat Martin Schwarz seine Buch-Objekte mit Schreibheften. Schon 1970 bis 1972 hat er Schreibhefte mit Aquarellfarben bemalt und übermalt. Diese Objekte führten dazu, dass er zur Documenta eingeladen wurde, um seine Buch-Objekte zu präsentieren. Faszinierend finde ich, was sich daraus entwickelt hat. Heute sind die Werke weit von Schreibheften entfernt und auch nicht, denn noch immer bestehen sie aus Büchern, aus zu Pappmaché verarbeiteten Büchern, aus denen dann wieder Bücher entstehen. Je nach Thema werden Naturmaterialien eingebaut, Mineralien oder Muscheln zum Beispiel, aber immer sind Bücher Basis-Material und Ergebnis zugleich. Das ist eine Art, Bücher zu recyceln, die mir gefällt.

Das Buch-Buch enthält allerdings nicht nur knapp 200 Werke von Martin Schwarz rund um das Buch, sondern auch einen Text, den man Roman nennen könnte oder Nachdenkereien über Bücher, die Welt, die Kunst und wie sie das Leben bestimmen. Es ist ein Text, den man nicht so weglesen kann, dafür kann man ihn aber auch in Auszügen lesen und irgendwo anfangen, ohne dass man sich verloren fühlt. In dem „Textzusammenfügungs-Experiment“, wie der Autor das Schreibwerk nennt, finden sich Gedanken und Zitate von großen und kleinen Denkern, die zum Weiterspinnen ermuntern. Martin Schwarz zeigt einen Weg auf, wohin das Denken gehen kann, er lässt aber Raum für viele andere Gedanken, wenn man sich nicht vorher wieder an einem seiner Kunstwerke festsieht und auf neue Gedankenwege geführt wird.

Ein Seh- und Lese-Buch, das man je nach Zeitbudget nutzen kann, wie man möchte. Wie auch immer man es nutzt, es inspiriert, erfreut und macht Lust auf mehr.

11.03.2014 Eine Hommage an Bücher – Werke von Martin Schwarz

Immer, wenn ich in meiner Timeline bei Facebook eine Buchpostkarte sehe, fällt mir eine Ausstellung ein, die ich vor vielen Jahren in der Filderhalle in Leinfelden-Echterdingen besucht habe. Der Katalog zu dieser Ausstellung gehört zu den Kunstbüchern, die ich am häufigsten in der Hand hatte und viele der Buch-Objekte habe ich noch vor Augen, wie sie in den Glasvitrinen oben auf der Galerie ausgestellt waren.

Um auch einmal einen nicht literarischen Buch-Beitrag bei Facebook einzustellen, habe ich nach Fotografien der Kunstwerke gesucht und keine gefunden. Dafür habe ich aber die Internetseite von Martin Schwarz entdeckt. Ich habe ihm spontan eine E-Mail geschickt, um in zu fragen, ob ich ihn interviewen darf. Erst als er zugesagt hat, habe ich begonnen, etwas tiefer zu recherchieren und saß voller Ehrfurcht vor Beiträgen, in denen unter anderem über ihn gesagt wird, er sei „einer der bedeutendsten Vertreter der Schweizer Postmoderne“.

Wenn ich mir den Katalog der Ausstellung in Leinfelden ansehe, kann ich – ohne alle Schweizer Künstler zu kennen – verstehen, dass er so eingeschätzt wird. Diese Buch-Objekte sind einfach genial. Wer sie gesehen hat, dem gehen sie nicht aus dem Kopf. Inzwischen weiß ich, dass es fast 25 Jahre her ist, seit ich die Ausstellung besucht habe. In dem Katalog lag nämlich die Einladung zur Vernissage am 8. Oktober 1989, an der ich teilgenommen habe. Da dort explizit erwähnt wird, dass der Künstler anwesend ist, habe ich Martin Schwarz also sogar schon einmal getroffen. Und nun habe ich mit ihm gemailt und telefoniert und werde in wenigen Wochen erneut eine Vernissage von ihm besuchen, obwohl es dort keine Buchobjekte zu sehen gibt. Glaube ich, vermute ich angesichts des Ausstellungstitels, von dem ich nicht weiß, ob ich ihn schon verraten darf.

Heute nun habe ich ein dickes Paket mit Büchern bekommen und bin geradezu verliebt in das „Buch-Buch“, es wird demnächst einen eigenen Blog-Beitrag bekommen, wenn meine Roman-Manuskripte vom Tisch sind und ich ganz in Ruhe die wunderschönen Buchobjekte betrachten kann. (Dann verrate ich auch, was ich bereits über Geschichte und Entstehung der Objekte erfahren habe!)

Diese Objekte und vor allem auch die Verwandlungen ziehen sich durch das Werk von Martin Schwarz, der 1946 in Winterthur geboren ist, wo er heute noch die meiste Zeit lebt. Seit 1968 ist er freier Künstler. Begonnen hat er seine künstlerische Laufbahn mit Ölbildern und Zeichnungen, heute ist sein Spektrum weit gefächert, die Malerei gehört weiterhin dazu, aber auch Film, Fotografie und Computer Art, die sich in Konzeptkunst und Installationen wiederfinden. In einem Artikel wurde er als „Veränderer“ bezeichnet, wenn man seine die Buchobjekte und auch die „Neuen Hunde“ sieht, ist gleich klar, wie dieser Titel zustande kam. © Dr. Birgit Ebbert www.papierzen.de